Lesedauer für geübte Leser*innen: 4 Minuten
18. Mai 2020
Der Flughafen Salzburg muss geschlossen werden, wenn wir die Klimakrise wirklich ernst nehmen und gleichzeitig auch andere Probleme angehen wollen.
Vor genau einem Jahr, es war ein Samstag, fand eine schlecht beworbene, spärlich besuchte und daher medial überhaupt nicht beachtet Demo und Kundgebung in der Nähe des Salzburger Flughafens statt. Daran nahmen einige eingeschworene Fridays-For-Future-Aktivist*innen, darunter das bekannte Gesicht Jolanda Knopf und meine Wenigkeit teil, ein paar vom Flughafen-Anrainer*innenschutzverband und die jetzige Nationalratsabgeordnete Astrid Rössler (Grüne Alternative). Insgesamt wohl nicht mehr als 20 Personen – ein überschaubarer Haufen, begleitet von Polizist*innen, die die Straßen absperrten.
An dem Tag wurde die, auf den ersten Blick, radikale Forderung öffentlich ausgesprochen, dass wir den Salzburger Flughafen – wegen der Klimakrise und aus Gründen der globalen Klimagerechtigkeit – schließen müssten.

Es würde gleich gegen mehrere sozialökologische Krisen wirken. Einerseits könnte sehr wahrscheinlich CO2 eingespart werden. Vorausgesetzt, es würden die richtigen politischen Maßnahmen länderübergreifend koordiniert gesetzt werden.
München und Wien sind ideal mit dem Zug zu erreichen. Wer von weit weg herkommt und Salzburg unbedingt sehen will, kann auch einmal mehr umsteigen. Zusätzlich wäre das Ende dieser imperialen Praxis im Bundesland auch eine Chance, auf einen Schlag ein gigantisch großes Wohngebiet in Stadtnähe zu erschließen. Mit gut durchdachten, ökologisch sinnvollen, und kollektiv finanzierten Häusern könnte die Wohnungsnot der Stadt Salzburg gelindert werden. Menschen, die heute noch aus ökonomischen Gründen pendeln müssen, würden in diesem neuen Stadtgebiet von nun an mit einer Straßenbahn oder mit dem Rad ihre Wege zur Arbeit oder zum Ausbildungsort klimafreundlich meistern. Die Auswirkungen des Flughafens auf Mensch und Umwelt wären plötzlich kein Thema mehr.
Ich möchte ernsthaft die Frage stellen: Was ist schon radikal? Die Wirklichkeit ist radikal und nach der sollten wir uns richten. Während hier diese Idee vielleicht auf Unbehagen stößt, erhitzt sich der Planet in einer tödlichen Geschwindigkeit. Artensterben, Polkappenschmelze und das Auftauen des Permafrosts – damit unvorstellbare Dynamiken, sind kein Witz, sie sind die Folgen der imperialen Lebensweise. Eines globalen Kapitalismus, der die Konsequenzen seines Wirtschaftens dorthin verschiebt, wo wir sie nicht sehen müssen und können.1
Wir skandierten „AUA – it hurts“ und das tut es in der Tat, beim Gedanken daran, dass mit Steuergeld eine Branche gerettet wird, die so destruktiv ist. Die Forderung der Grünen Salzburg, die Kurzstrecken sollten reduziert werden, damit die Luftfahrt „ihren Beitrag zum Klimaschutz“2 leistet, ist zu wenig, wenn wir an die harten Fakten zur Klimakrise denken.
Bezüglich Einwände: Es ist in der Politik wichtig, sich klar zu werden, für wen mensch sich einsetzen will. Ob es nun Kapitalfraktionen sind oder ob es um die Gesundheit und Selbstbestimmung der Menschen hier und auf der ganzen Welt geht, ihre jetzige und langfristige Lebensqualität, das Wohl der Tier- und Pflanzenwelt. Für die Konzerne, die industrielle Landwirtschaft, den Massen-Tourismus, gibt es genug, die sich stark machen. Mit der freiwerdenden Arbeitskraft könnte anderswo gesamtgesellschaftlich wichtigeres geleistet werden.
Es wäre ein starker Beitrag zur sozialökologischen Transformation und ein Schritt hin zur globalen Klimagerechtigkeit. Wir müssen so radikal sein wie die Wirklichkeit, sonst scheitern wir schon an uns selbst.
1: Imperiale Lebensweise – Zur Ausbeutung von Mensch und Natur im globalen Kapitalismus von Ulrich Brand und Markus Wissen
https://www.oekom.de/buch/imperiale-lebensweise-9783865818430?p=1 [Zuletzt aufgerufen am 18.05.2020]
2: Landessprecher der Grünen Salzburg, Heinrich Schellhorn, in der Presseaussendung „GRÜNE: AUA-Rettung nur bei Verzicht auf Kurzstrecken“ vom 17. Mai 2020
Schreibt mir eure Gedanken zu dem Text – per Mail, Instagram etc.
Schließen wir den Flughafen Salzburg! „Radikal wie die Wirklichkeit“ von Georg Pidner
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