Hintergründe zum offiziellen Austritt aus der Grünen Partei und ihrer Jugendorganisation.
Veröffentlicht am 30.10.2021
Lesedauer: ca. 8 Minuten.
Nachdem ich die Grüne Jugend Salzburg vor über drei Jahren mitgegründet und aufgebaut habe, bin ich seit Anfang März 2021 nicht mehr im Landesvorstand – bin nicht mehr Landesgeschäftsführer der Grünen Jugend Salzburg.
Heute beende ich offiziell meine Mitgliedschaft bei der Grünen Jugend und auch bei den Grünen Oberösterreich.
Anfänge
Ich kam mit 16 zu den Jungen Grünen in der Stadt Salzburg und habe mich in diesem Kontext zum ersten Mal konkreter in einer politischen Organisation politisiert. In einem relativ kurzen Zeitraum habe ich viele linke Ideen aufgenommen. Die gegenhegemonialen Räume, die mir durch die dortige Bildungsarbeit den Zugang zu radikalen Perspektiven ermöglichten, haben den Verlauf meiner persönlichen Entwicklung grundlegend geändert.
Zeitgleich bin ich auch in meiner Gemeinde Lengau zu den dortigen Grünen gestoßen, habe kommunalpolitische Arbeit kennen gelernt, bin von dort aus öfter zu Landesveranstaltungen der Grünen gefahren.
Im Jahr 2017 war es dann mit dieser Jugendorganisation schon wieder vorbei. Der Konflikt zwischen der Grünen Partei und den Jungen Grünen, der zum Rauswurf, Auflösung und zur Reorganisierung führten, war extrem schwierig. Ich habe mich damals für den Verbleib bei den Grünen, bei ihren jungen Unterstützer:innen, entschieden und damit für einen Neubeginn der grünen Teilorganisationen.
Aus jetziger Sicht betrachtet, war das ein großer Fehler. Aber ich war damals noch nicht so weit, war definitiv noch linksliberal und hatte noch nicht das Verständnis von Politik und Gesellschaft, Macht und Herrschaft, Marxismus und sozialen Bewegungen, das ich jetzt habe.
Neubeginn
Die Phase des Aufbaus einer neuen Struktur hat viel Zeit gekostet und Geduld abverlangt. Trotzdem konnte ich auch aus dieser, teilweise recht inhaltsarmen Phase, wichtige Erfahrungen mitnehmen.
Im Jahr 2019 engagierte ich mich dann ab März zum ersten Mal bewusst außerparlamentarisch – bei der Klimagerechtigkeitsbewegung, bei Fridays for Future Salzburg. Spätestens ab da, wenn nicht sogar früher, entwickelte ich das Verständnis darüber, dass die Bewegungen es sind, die Geschichte schreiben, die Gesellschaft grundlegend verändern können.
Salzburg
Es war nie leicht in Salzburg und wird es wahrscheinlich auch in Zukunft für Parteiorganisationen nicht werden. In der Jugendorga gab es immer eine hohe Fluktuation. Leute kamen hinzu und manchmal gingen sie auch genauso schnell wieder. Neben der Schwierigkeit junge Menschen dauerhaft in ehrenamtlichen Positionen zu halten und ihnen die nötigen Fähigkeiten zur Selbstermächtigung zu vermitteln, auch sich selbst zu motivieren, ist Salzburg an sich ein schwieriger Ort für linken Aktivismus. Eine konservative Stadt, von der viele, vor allem progressiv-denkende Jugendliche, oft nach der Matura oder dem Bachelor wegziehen.
Interne Schwierigkeiten im Bund
Neben den spezifischen Problemen in der Stadt, auf die ich nicht weiter eingehen will, war es in der gesamten Bundesorganisation oft ermüdend und demotivierend.
Die Bundesorganisation war seit Jänner 2020 permanent in der Krise. Es gibt zwei große Lager, die aber nicht grundlegend, wie von mir anfangs vermutet, durch Begriffe wie „parteikarrieristisch“ und „kritisch“ unterscheidbar waren.
Ich habe alles versucht, um konstruktiv zur Überwindung von Widersprüchen beizutragen, aber vermutlich war es schlussendlich auch die Pandemie, die meine Versuche ins Leere laufen ließen.
Die Situation war stellenweise so frustrierend und auch aussichtslos, dass das Weiterbestehen der bundesweiten Organisation in Frage gestellt werden konnte. Ob das weiterhin so ist, kann ich nicht mehr beurteilen, weil ich mich ca. ab April aus der Organisation zurückgezogen habe.
Ich war zuletzt in einer bundesweiten Arbeitsgruppe, in der auch ein paar wichtige Funktionär:innen waren. Ein anderes Mitglied und ich wurden spätestens ab Ende März systematisch ignoriert. Wir bekamen absolut keine Rückmeldungen mehr, was das Ende dieser Arbeitsgruppe bedeutete.
Dieses ungute Vorgehen beschleunigte den Prozess, dass ich mich von dieser Jugendorganisation loslöste. Besonders tragisch ist, dass diese Menschen am Anfang so etwas wie Hoffnung vermittelten. Die internen Auseinandersetzungen und ihr Unvermögen, auf andere zuzugehen, haben sie zerstört.
Regierung und Widersprüche
Die Regierungsbeteiligung im Bund erschwert den Aufbau einer linken Kraft innerhalb der Grünen insofern, dass nun die Beweggründe vieler neuer Aktivist:innen vermutlich andere sind, als noch mit der außerparlamentarischen oder parlamentarisch-oppositionellen Rolle der Grünen.
Dass die Partei in der Regierung permanent grüne Kernthemen gegeneinander für falsche Kompromisse ausspielt und vieles, was grundsätzlich falsch ist, für die Koalition mitträgt, schadet der Grünen Partei und ebenso der Jugendorganisation enorm.
Durch diese Widersprüche und ihrer Verteidigung (wenn vielleicht auch nicht direkt, sondern als Teil der Grünen), unterscheidet sich die Grüne Jugend konzeptionell nicht mehr von der Sozialistischen Jugend, die zwar Kritik übt, aber nicht zur Formierung von Widerstand beitragen kann. Letztendlich tragen sie immer die Gefahr in sich, als Reserve für die Besetzung von Ämtern und Funktionen einspringen zu können.
Die Veränderungen in der grünen Partei und ihrer Jugendorganisation sind aber nicht alles. Ich habe mich stark verändert und eigentlich hätte ich schon vor Jahren austreten müssen. Meine naive und nicht sonderlich gut fundierte Hoffnung auf interne Mobilisierung hat mich diesen Zeitpunkt länger nach hinten verschieben lassen.
Weitere Arbeit
Ich werde nun parteilos in sozialen Bewegungen, im Unikontext und im Lengauer Gemeinderat politisch aktiv bleiben. Schon vor dem KPÖ-Wahlsieg in Graz habe ich mir über einen Wechsel Gedanken gemacht, aber wegen einiger Bedenken noch keinen Beschluss dazu gefasst.